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Mit Götterkopf und Tempelresten soll Römerzeit lebendig werden

Städtische Museen wollen spannende Funde aus Erdschichten der Steinäcker ausstellen

Zukunft trifft auf Historie: Eine 500 Meter lange römische Fernstraße, Funde eines Straßendorfes, Tempelreste und den Kopf einer Statue des Gottes Merkur hat das Landesamt für Denkmalpflege bei Grabungsarbeiten in Erdschichten im Gebiet Steinäcker im Norden von Heilbronn entdeckt. Dort, wo der Innovationspark Künstliche Intelligenz (IPAI) entstehen wird. Archäologin Judith Wötzel ist begeistert, sie will die fast 2000 Jahre alten Objekte baldmöglich in Heilbronn ausstellen. Was die Städtischen Museen planen, erklärt sie im Interview.

Frau Wötzel, als Sie von den vielen archäologischen Funden im Areal Steinäcker erfahren haben: Was war Ihre erste Reaktion?
Judith Wötzel: Die Funde haben mich begeistert – weil selten auf einer so großen Fläche gegraben wird. Noch liegt mir keine Auflistung aller Funde vor. Gefreut habe ich mich, dass mit Kopf und Hand des Gottes Merkur gut erhaltene Teile einer Götterstatue in direktem Zusammenhang mit den anzunehmenden Resten eines Tempels gefunden wurden.

Wie bedeutend sind diese Funde aus Ihrer Sicht – und wie alt sind sie?
Judith Wötzel: Es sind tolle Funde aus einer bis dahin unbekannten römischen Siedlung. Es verdichtet das Gesamtbild, das man von einer Region hat. Vom Alter her ist davon auszugehen, dass diese Funde aus der Zeit von 90 bis 260 nach Christus stammen – der Zeitspanne der römischen Besiedlung im Raum Heilbronn. 

Sie planen, die Objekte in neuen Ausstellungsräumen der Städtischen Museen zu präsentieren. Ist schon klar, wann es so weit sein wird? Wo sind die Stücke derzeit?
Judith Wötzel: Es gibt positive Signale vom Landesamt für Denkmalpflege. Wir sind im Gespräch und klären die Abläufe. Derzeit sind die Funde in einem Lager des Landesamts und werden für den Transport ins Zentrale Fundarchiv nach Rastatt vorbereitet. Mit dem Fundarchiv wird dann ein Leihvertrag abgeschlossen.

Von Innovationskraft der Römer fasziniert

Was wollen Sie in Heilbronn gerne zeigen?
Judith Wötzel: Auf jeden Fall den Gott Merkur mit der klassischen Flügelhaube und der Hand mit dem Beutel. Ich kann mir vorstellen, das Leben in der Siedlung quasi über die Funde nachzuzeichnen.

Wann könnte es so weit sein?
Judith Wötzel: Unser Ziel ist, die neue archäologische Ausstellung im Deutschhof in diesem Jahr zu eröffnen. Bis zum Sommer möchten wir gerne die Bereiche Jungsteinzeit, Bronze- und Eisenzeit zugänglich machen. In einem zweiten Schritt sollen dann die römische Zeit, Mittelalter und Neuzeit folgen – auch mit Funden aus den Steinäckern. 

Viele der Stücke sind um die 2000 Jahre alt. Darf man diese dann eventuell anfassen? Oder muss man sie unter Schutz ausstellen?
Judith Wötzel: Anfassen darf man sie nicht – weil die Funde darunter leiden würden und kaputt gingen, durch Berührungen, Schweiß, Pflegeprodukte wie Cremes. Wir werden sie gesichert ausstellen. Aber: Es ist vorgesehen, dass wir auch Abgüsse, 3D-Drucke oder Repliken anfertigen, damit man zum Beispiel Gewicht, Schwerpunkt oder Struktur erfühlen kann. Geplant ist zudem, mit Video-, Hör- und Mitmachstationen zu arbeiten. 

„Bei den Römern fühle ich mich zu Hause“, haben Sie mal gesagt. Warum ist die Römerzeit für Sie so spannend?
Judith Wötzel: Es ist nicht einfach, eine schon immer vorhandene Faszination zu erklären: Die Römer haben bedeutende Innovationen übernommen, geschaffen und weiterentwickelt. Trotz teils starrer Strukturen waren sie offen für Neues. Sie konnten ein großes Herrschaftsgebiet aufrecht erhalten, ohne dass man mal schnell telefonieren oder eine E-Mail schreiben konnte. Auch der römische Götterhimmel hat mich schon immer fasziniert, da gibt es eigentlich für jeden Bereich eine zuständige Gottheit. Und römische Gottheiten haben viele menschliche Charakterzüge. Sie können nicht nur gut, sondern auch mal gnadenlos und missgünstig sein.

Zur Person

Zur Person: Judith Wötzel (35), gebürtige Heidelbergerin, hat in Bamberg und Freiburg Archäologie studiert. Seit Oktober 2023 ist sie Kuratorin für Archäologie bei den Städtischen Museen Heilbronn. Zuvor leitete sie das Limesmuseum Aalen, war wissenschaftliche Mitarbeiterin des Archäologischen Landesmuseums Baden-Württemberg und Referentin im Römer-Museum Xanten. 

Datum: 3. März 2025