Boomstadt Heilbronn: Das stärkste Wachstum wird bei den 25- bis 45-Jährigen erwartet
Statistik-Expertin der Stadt erläutert Bevölkerungsvorausrechnung bis 2040
Der Trend ist eindeutig: Nach Vorausberechnungen der kommunalen Statistikstelle wird Heilbronn bis 2040 weiter wachsen - um sieben Prozent oder etwa 9000 Menschen. Der Boom der vergangenen Jahre hält demnach an. Woran liegt das? Statistik-Expertin Isabelle Metzger erklärt, dass dies viel mit der Attraktivität von Heilbronn zu tun hat.
Frau Metzger, Heilbronn wächst weiter, bis 2040 werden nach der Vorausrechnung mehr als 140.000 Menschen hier leben. Was sind die Hauptgründe dafür?
Isabelle Metzger: Es ist eine Mischung aus attraktiven Studien- und Arbeitsplatzangeboten sowie einem Angebot an Bauflächen, zum Beispiel im Neckarbogen, Hochgelegen, der Jägerhaus- und Happelstraße, der Friedrich-Ebert-Trasse oder in den Stadtteilen. Es ziehen mehr Menschen her als weg, und zwar bis auf zwei Corona-Jahre schon seit 2010 und nach unseren Zahlen auch in Zukunft.
Ist das ein Automatismus?
Isabelle Metzger: Ganz und gar nicht. Ohne Zuzug von außen würde die Heilbronner Bevölkerung schrumpfen - und das bereits ab 2025. Die Geburtenzahlen sind in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Es sterben insgesamt deutlich mehr Menschen als geboren werden – dies gilt landesweit.
Heilbronn ist also attraktiv. Wer wird vor allem herziehen – und wie profitiert die Stadt davon?
Isabelle Metzger: Vor allem jüngere Menschen ziehen zu. Der Ausbau der Hochschulen spielt eine zentrale Rolle, der KI-Innovationspark IPAI wird weitere Arbeitskräfte anziehen. Durch das besondere Gefüge von Bildung und Wissenschaft ist Heilbronn attraktiver als andere Standorte in Baden-Württemberg. Da kommen auch Professoren mit ihren Familien. Die Stadt profitiert – zum Beispiel bei den Fachkräften, den Finanzzuweisungen, der Kaufkraft.
Mitte der 2030er-Jahre wird 140.000-Einwohner-Marke erreicht
Bei weiterem Wachstum sollte eine Stadt vorausschauend Weichen stellen, damit die Strukturen passen. Wo ist das aus ihrer Sicht vor allem nötig?
Isabelle Metzger: Bezahlbarer Wohnraum ist wichtig, aber auch Wohnraum für Familien mit höherem Einkommen. Das kulturelle Angebot sollte vielfältig sein, die Angebote bei Kitas und Schulen sollten stimmen, für Ältere sollte eine gute wohnungsnahe Versorgung vorhanden sein. Bei der Generation 55plus planen wir im nächsten Jahr zum Beispiel eine Befragung, um aktuelle Daten über Bedürfnisse und Herausforderungen älterer Menschen zu erhalten.
Wie geht es mit den Schülerzahlen weiter? Und: Ist die Innenstadtgrundschule richtig und wichtig?
Isabelle Metzger: Es kommen ja wieder neue Kinder dazu. Der Innenstadtbereich hatte schon immer eine hohe Dichte und Fluktuation. Die Zahl der Zehn- bis unter 18-Jährigen wird steigen, die Zahl der unter Zehnjährigen bleibt auf hohem Niveau. Der Aufbau der Innenstadtgrundschule ist wichtig, die Schule wird gebraucht –auch um andere Schulen zu entlasten.
Wo liegt insgesamt das stärkste Wachstum?
Isabelle Metzger: Das Wachstum ist gut verteilt. Wenn man die absoluten Zahlen anschaut, hat die Altersgruppe zwischen 25 und unter 45 Jahren den größten Anstieg – und nimmt bis 2040 um rund 3500 Menschen zu. Aber auch in den Altersgruppen 65 bis unter 80 und 45 bis unter 65 Jahre gibt es deutliche Zuwächse.
Wann wird Heilbronn nach Ihren Berechnungen die 140.000-Einwohner-Marke überschreiten?
Isabelle Metzger: Mitte der 2030er-Jahre könnte es so weit sein.
Beim Blick auf die Stadtteile fällt auf, dass überall die Bevölkerungszahlen steigen, aber sehr unterschiedlich zwischen 1,9 und 14,9 Prozent. Warum wachsen Biberach, Neckargartach und Horkheim stärker als andere?
Isabelle Metzger: Neckargartach profitiert vom Baugebiet Hochgelegen, vom geplanten Baugebiet Fleischbeil und vom KI-Innovationspark IPAI. In Biberach sorgt das Baugebiet Mühlberg-Finkenberg für Wachstum. In Horkheim gibt es einige Baulücken. Es ist der Stadtteil mit dem höchsten Durchschnittsalter, dort ist Potenzial für Familiennachzüge durch freiwerdende Häuser. Horkheim wird sich dadurch verjüngen.
Landesdaten: Beim Wachstum bis 2040 auf Rang 1 in Baden-Württemberg
Und wie entwickelt sich die Bürgerschaft in Heilbronn insgesamt? Wird sie jünger, älter, internationaler? Welches wird 2040 die größte Bevölkerungsgruppe sein?
Isabelle Metzger: Heilbronn wird vielfältiger, internationaler. Wir brauchen auch Zuwanderung, um Bedarfe in der Stadt zu sichern, gerade bei den Fachkräften. In absoluten Zahlen wird die Gruppe der 25- bis unter 45-Jähringen im Jahr 2040 mit rund 42.000 Menschen weiter die größte Gruppe sein.
Das heißt, Heilbronn überaltert nicht wie viele andere Städte?
Isabelle Metzger: Nach unseren Berechnungen ist das in Heilbronn gerade nicht der Fall, ausgelöst durch attraktive Bildungs- und Arbeitsplatzangebote und Zuzüge in den jüngeren Altersgruppen. Das Durchschnittsalter bleibt in etwa gleich bei 41 Jahren. Das ist eine positive Entwicklung.
Das Statistische Landesamt weist in seinen Vorausberechnungen bis 2040 einen ähnlichen Trend aus. Im Vergleich der Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg liegt die Stadt Heilbronn auf Platz 1 mit dem größten Wachstum vor Pforzheim und dem Landkreis Biberach. Stuttgart, Karlsruhe oder Heidelberg wird ein deutlich niedrigeres Wachstum zugeschrieben. Sind wir der Boom-Standort im Südwesten?
Isabelle Metzger: Ich glaube schon. Wir haben das Potenzial durch attraktive Strukturen und Angebote, die wir hier haben. Dieses Potenzial sollten wir nutzen, um die Menschen auch langfristig in Heilbronn zu halten.
Zur Person:

Hat viele Monate die künftige Bevölkerungsentwicklung analysiert und berechnet: Isabelle Metzger, Leiterin der städtischen Statistikstelle. (Foto: Stadt Heilbronn)
Isabelle Metzger (37), geboren in Düren/Nordrhein-Westfalen und aufgewachsen in Rheinland-Pfalz, leitet seit Januar 2023 die Statistikstelle bei der Stabsstelle Strategie und Stadtentwicklung. Sie hat Geographie studiert (Bachelor und Master), war danach Leiterin der Statistikstelle in Villingen-Schwenningen. Sport und Reisen sind ihre Hobbys.
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Datum: 9. April 2025