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Gender-Report identifiziert Handlungsbedarfe

Gemeinsames Projekt der Stadt und der DHBW Heilbronn

Vielfältige Daten zur Lebenssituation von Frauen in Heilbronn und dem Landkreis bündelt der erste Gender-Report, den die Frauenbeauftragte der Stadt Heilbronn, Silvia Payer, und Prof.in Dr.in Yvonne Zajontz, Studiengangleiterin Dienstleistungsmanagement/Media, Vertrieb und Kommunikation an der DHBW Heilbronn und örtliche Gleichstellungsbeauftragte, jetzt vorgestellt haben. Er bietet eine Grundlage, Zukunftsfragen und Veränderungsprozesse gendersensibel zu diskutieren und in Angriff zu nehmen.

„Es ist unsere Aufgabe, soziale Ungleichheiten zwischen allen Geschlechtern wahrzunehmen und Chancengleichheit zu fördern“, sagt Oberbürgermeister Harry Mergel. „Daran werden wir auch in Zukunft intensiv arbeiten. „Dieser Datenreport ist ein weiterer Baustein für eine attraktive zukunftsorientierte Stadtentwicklungspolitik.“

Gleichstellung rückt in den Blickwinkel der Öffentlichkeit

Über die „neue Sichtbarkeit der Frauen in der Stadt“ und die vertrauensvolle Kooperation von Hochschule und städtischer Frauenbeauftragter freut sich Prof. Dr. Nicole Graf, Rektorin der DHBW Heilbronn: „An der DHBW Heilbronn ist – auch dank der engagierten Arbeit unserer Gleichstellungsbeauftragten Prof.in Dr.in Zajontz – das Thema Gleichstellung in den Blickwinkel der Öffentlichkeit gerückt. Jetzt können wir gemeinsam daran arbeiten, Frauen und Männern gleichermaßen Zugang zu Bildung zu schaffen und Frauen in der Wissenschaft weiter zu fördern“, sagte sie bei der Vorstellung des Gender-Reports im Rathaus. 

Der erste Gender-Report für die Stadt Heilbronn orientiert sich am „Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und betrachtet fünf verschiedene Themenfelder: Partizipation, Bildung, Erwerbsarbeit, Sorgearbeit und Lebenswelten.

Bisher gab es keine Stelle in Heilbronn, die Daten geschlechtsspezifisch erhob. In aufwändiger Recherchearbeit haben die Autorinnen die Zahlen zusammengetragen. Dabei ist es ihnen wichtig, die Ergebnisse nicht zu bewerten, sondern einzuordnen und auf diese Weise Handlungsbedarfe zu identifizieren. Marktforschungs-Expertin Prof.in Dr.in Zajontz weist darauf hin, dass für ein umfassendes Monitoring mehr und vor allem geschlechtsspezifische Daten erhoben werden müssen.

Grundlage für Zukunftsfragen und Veränderungsprozesse

Der Gender Daten Report bietet eine Grundlage, Zukunftsfragen und Veränderungsprozesse gendersensibel zu diskutieren und in Angriff zu nehmen. Zum Beispiel im Bereich Partizipation: Obwohl Frauen knapp die Hälfte der gesamten Bevölkerung in Heilbronn stellen, beträgt der Frauenanteil im Gemeinderat knapp 33 Prozent, noch im Jahr 2017 lag er bei 25 Prozent. 40 Prozent der Führungskräfte bei der Stadt Heilbronn waren im Jahr 2019 weiblich, 2015 waren es noch 38,5 Prozent.

Auch bei der Erwerbsgrundlage bestätigt sich ein bundesweites Bild. Die Erwerbsbeteiligung der Frauen hat in den letzten Jahren zwar deutlich zugenommen, der Zuwachs erfolgt aber ausschließlich zugunsten von Teilzeit-Jobs: 40 Prozent der Frauen gehen einer Teilzeitbeschäftigung nach, bei den Männern sind es zehn Prozent. Auch rutschen Frauen häufiger in eine Armutsfalle als Männer: Die Anzahl der arbeitslosen alleinerziehenden Frauen ist in den Jahren 2019 und 2020 fast zehnmal so hoch wie die der Männer.

Diese Erwerbslücke schreibt sich auch in den Zahlen nach dem Arbeitsleben fort: Die Differenz zwischen den jeweiligen Rentenbeträgen der Männer und Frauen war 2019 im Stadtkreis Heilbronn fast 16 Prozent höher als im Bundesdurchschnitt. Der Pension-Gap bei der Erwerbsminderungsrente im Stadtkreis Heilbronn lag im Jahr 2019 bei 244 Euro.

Ein weiteres akut drängendes Thema ist die Gewalt gegen Frauen, die in den Jahren der Corona-Pandemie nachweislich gestiegen ist. In den Jahren 2019 und 2020 hat die dokumentierte Gewalt in Partnerschaften im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Heilbronn um fünf Prozent zugenommen. Dabei liegt die Dunkelziffer erheblich höher. „Auch hier ist es wichtig, den Frauen schnelle und unbürokratische Hilfsangebote zu machen“, so die Frauenbeauftragte Silvia Payer. Themen wie Entgeltgleichheit, gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsmarkt und das Aufbrechen tradierter Rollenbilder werden ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren weiterhin viel Unterstützung brauchen.

Fortschreibung als Baustein für Stadtentwicklungspolitik

Der Gender-Report ist die Basis für die weitere Datensammlung. „Er ist eine erste solide Datengrundlage. Unser Ziel ist es aber, den Report über die kommenden Jahre fortzuschreiben und auszuweiten“, sagt Florian Baasch, Leiter der Stabsstelle Stadtentwicklung und Zukunftsfragen der Stadt Heilbronn. Sie wird künftig die Daten regelmäßig aktualisieren.

Der Report wird digital auf den Websites der Stadt Heilbronn www.heilbronn.de/frauen und der DHBW Heilbronn https://www.heilbronn.dhbw.de/ueber-uns/interessensvertretungen/gleichstellungsbeauftragte.html​​​​​​​ veröffentlicht. Dort ist auch ein Podcast zum Thema zu hören. 

„Auf Grundlage dieser Datensammlung wird es uns hoffentlich noch besser gelingen, Diskriminierung zu erkennen und Ungleichheit zu bekämpfen“, sind sich Payer und Zajontz einig. „Die Lebens- und Arbeitswelten von Frauen und Männern in Heilbronn werden sich verändern und die Stadt insgesamt attraktiver machen“, so die Hoffnung.

INFO

Gender-Reports gehören in Großstädten wie Berlin und München bereits zum festen Bestandteil des lokalen Monitorings. Geschlechterdifferenzierte Datenanalysen machen Ungleichheiten und Handlungsbedarfe sichtbar und ermöglichen zielgruppengenaue, geschlechtergerechte Planungen und Entscheidungen, zum Beispiel das „Genderbudgeting“ – die Berücksichtigung der Genderperspektive bei der Erstellung der kommunalen Haushalte – oder das „Gender Planning“, bei dem in der Stadtentwicklung Genderaspekte in die Planung des städtischen Lebensraums mit einbezogen werden.